Meine Akte

Wem gehört meine Akte, wie gehe ich damit um, was muss ich darüber wissen?

In den meisten Familien werden Fotoalben und andere Erinnerungsstücke aufbewahrt,  die an die Großeltern, Familienfeste oder andere Ereignisse wie den ersten Schultag erinnern. Meistens bekommen junge Erwachsene, wenn sie zu Hause ausziehen, auch nicht sofort all ihre „wichtigen Unterlagen“ (etwa Geburtsurkunde, Zeugnisse, gesundheitsrelevante Unterlagen) ausgehändigt, sondern sie werden auch weiter in der Familie sicher verwahrt.  

Wer in der Jugendhilfe aufwächst, kann dagegen oft nicht auf einen solchen für ihn aufbewahrten Erinnerungsfundus zurückgreifen. Die vom Jugendamt oder der Einrichtung in Form einer Akte gesammelten Daten enthalten oft die einzige Möglichkeit,  mehr über seine Vergangenheit zu erfahren. Ist sie weg, könnte man drastisch sagen: die Oma stirbt und das Haus brennt ab – alles was über meine Vergangenheit vorhanden war, ist verloren.

Mit 18, wenn viele junge Erwachsene die Jugendhilfe verlassen,  ist ihnen das vielleicht noch egal. Aber mit 28 auch noch? 
Im Careleaver e.V. ist das Thema „Umgang mit den eigenen Akten“ immer wieder Thema. 
Wir haben deshalb einmal zusammengetragen, was Careleaver wissen müssen und auch formuliert, was wir uns von Einrichtungen und Jugendämtern im Umgang mit unseren Akten wünschen. 

Regelungen- Übersicht Bundesländer

Der Careleaver e.V. hat im vergangenen Jahr sämtliche Landesjugendämter angeschrieben und gebeten, ihren Umgang mit Akten darzulegen. Unser Fazit: Es ist und bleibt kompliziert, da es keine bundesweite einheitliche Regelung dazu gibt. 

Das Jugendamt ist dazu verpflichtet, deine Akte nach Beendigung der Hilfe für 10 Jahre aufzubewahren. Danach handhaben es die Jugendämter unterschiedlich. In der Regel liegt deine Akte beim zuständigen Jugendamt, aber auch die Träger der Einrichtung in der du warst, haben i.d.R. eine Akte, die sie ebenfalls ca. 10 Jahre aufheben. Bei beiden kannst du formlos (auf der Grundlage des § 25 SGB X) einen Antrag auf Akteneinsicht stellen.

Durch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) werden in Einrichtungen oft nur noch Unterlagen aufgehoben, die „für die Hilfe relevant“ waren. Fotos und ähnliches sind meistens nicht „relevant“. Frag am besten vor dem Auszug in der Einrichtung nach, wie dort mit der Akte umgegangen wird.

Familiengerichte müssen Akten übrigens 30 Jahre lang aufbewahren, und Kliniken auch.

Im folgenden haben wir unsere Rechercheergebnisse nach Bundesländern geordnet zusammengestellt: 

Antragstellung

Wenn Du Dich entschieden hast, dass du Einsicht in deine Akten nehmen willst, genügt ein formloser Antrag, indem du nach § 25 SGB X Einsicht in deine Akten beantragst. 

Bedenke bitte, dass Du dabei evtl. auch mit unangenehmen oder sogar traumatisierenden Ereignissen aus der Vergangenheit konfrontiert werden kannst. Bitte prüfe genau, ob du Dich aktuell psychisch in der Verfassung dazu befindest.
Wenn Du dir unsicher bist, und deine 10 Jahresfrist aber bald erlischt, kannst du auch einen formlosen Antrag auf eine verlängerte Aufbewahrung stellen.
So gewinnst Du Zeit und kannst Dir zu einem anderen Zeitpunkt in Ruhe nochmal überlegen, ob Du Einsicht in Deine Akten nehmen willst.  

Einwilligungserklärung vor Verlassen der Jugendhilfe

Uns ist es wichtig, dass Fachkräfte sich darüber im Klaren sind, wie wichtig es ist, das Thema mit Careleavern, die die Jugendhilfe verlassen, auch aktiv anzusprechen. Und dass angehende Careleaver beim Verlassen der Jugendhilfe über das Thema informiert werden.
Wir schlagen Einrichtungen deshalb vor, eine freiwillige Vereinbarung zu treffen, die a) es ihnen ermöglicht, datenschutzkonform selbst wieder in Kontakt mit dem ehemaligen Schützling zu treten und b) Careleavern durch eine verlängerte Aufbewahrungsfrist die Möglichkeit gibt, zu einem viel späteren Zeitpunkt noch die Möglichkeit zu haben, Einsicht in die eigenen Akten zu nehmen. Wenn dann neben den „hilferelevanten“ Unterlagen auch das ein oder andere persönlichere Papier aufbewahrt wurde, umso besser.

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